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Rami Bleckt
Interview mit Sergej N. Lazarev 




rami bleckt



Der Autor des Buches ‹Karma-Diagnostik›, Sergej Nikolajevich Lazarev, wurde international bekannt durch seine Arbeit auf dem Gebiet der Bioenergetik. Vor fünfzehn Jahren machte ihn seine präzise Diagnostik des Gesundheitszustands seiner Patienten weithin bekannt. Und obwohl er in der Lage war, die Organe der Patienten zu sehen [lesen] und sie erfolgreich mit seinen Händen zu heilen, gab er diese Methode auf, nachdem er verstanden hatte, dass das Energiefeld eines Organs oder des gesamten Körpers entsprechend dem persönlichen Karma strukturiert ist; Karma wiederum ist unmittelbar abhängig von der Weltanschauung eines Menschen, seiner Persönlichkeit und seinen Taten. Allein der Prozess der mechanischen Reinigung des menschlichen Feldes kann zunächst wirkungsvolle Resultate zeitigen. Wenn jedoch der Mensch zum Zeitpunkt der Reinigung seine Persönlichkeit nicht verändert, kann das zu schwerwiegenderen Unglücksfällen und Krankheiten des Patienten als auch des Heilers führen. Er [Lazarev] entwickelte ein System, das es uns erlaubt, unser Feld zu reinigen und damit uns selbst zu heilen. Ohne fremde Hilfe heilte er sich selbst von einer Krebserkrankung und konnte dadurch vielen anderen Menschen helfen, sich von dieser Krankheit und anderen Gebrechen zu befreien und viele weitere Probleme zu lösen.

Zusammengefasst kann man sagen, dass Lazarevs wesentliche Kernaussagen sich darauf beziehen, wieviel Liebe die Seele eines Menschen umfängt und wie sehr ein Mensch im Leben von der bedingungslosen Liebe gelenkt wird. Wenn ein Mensch irgendetwas der Liebe zu Gott vorzieht, dann bringt ihm das Unglück und er wird letztendlich all das verlieren, was er Gott vorgezogen hat.

Diese Forderungen ähneln sehr dem, was ich selbst lernte und was ich praktiziere. Während seiner seltenen Besuche in Israel, verbrachten wir Stunden damit, diese Thematik zu erörtern. Und während seines jüngsten Besuchs nahm ich ein paar Tage frei und nutzte diese Zeit, um zahlreiche Themen in der ruhigen Atmosphäre des Toten Meeres zu besprechen. Lazarev erwies sich als außerordentlich interessanter Erzähler mit einem breiten Wissen und der großen Gabe des Zuhörens und einer großen Offenheit für Neues. An einem bestimmten Punkt unserer Unterhaltung verspürte ich den starken Wunsch, dass auch andere an wenigstens einigen der Themen Anteil erhalten sollten. Ich schlug vor, dass wir aus unseren Gesprächen ein Interview machen und er willigte ein (trotz des Umstandes, dass er eigentlich nur ungern Interviews gibt).

So gelangten wir zum Auto, ich schaltete das Tonbandgerät ein und begann Fragen zu stellen, die die Leser meines Erachtens besonders interessieren könnten. Wir passierten die atemberaubendsten Landschaften der Judäischen Wüste und vertieften uns immer mehr in die philosophische Thematik.


S.N. LAZAREV
Um mit der Veränderung beginnen zu können, muss der Mensch all seine Wünsche zum Stillstand bringen. Da alle Glaubenssysteme auf die Erfüllung der verborgenen menschlichen Wünsche gerichtet sind, blockieren sie im wesentlichen unsere Fähigkeit zur Veränderung. Das erklärt, warum jemand, der Unmengen an Büchern liest, am Ende noch schlechtere Ergebnisse erzielt. Egal wie sehr er sich das auch einzureden wünscht, seine Energetik wird sich nur verschlechtern. Ein Mensch kann endlose Zeit seine Probleme an der Oberfläche bearbeiten; früher oder später wird alles zusammenbrechen. Es ist offensichtlich besser, reale Veränderungen im Inneren herbeizuführen; jedoch ist nicht jeder dazu bereit. Viele sind zu Heldentaten bereit, aber wenn es um handfeste Änderungen des eigenen Wesens geht, dann geben sie klein bei. Ich erfahre das an mir selbst. Erst neulich leuchtete mir ein, dass ich mich verabschieden muss von der Vorstellung, Dinge zum Nulltarif bekommen zu können. Immer wollte ich etwas Hochwertiges noch billiger kaufen. Und nun musste ich feststellen, dass es eine parasitäre Haltung ist, wenn man eine gute Sache zum Schnäppchenpreis haben will. Wenn ich weniger bezahle als ich sollte, dann ist das nahezu gleichbedeutend mit Diebstahl.

Rami Bleckt
Während einer Ihrer ersten Vorträge in Israel sagten Sie, dass Israel einer dreifachen tödlichen Gefahr ausgesetzt sei wegen seiner enormen Fixierung auf ein glückliches Schicksal.
S.N. LAZAREV
Ja, das ist richtig, allerdings war das noch bevor die Intifada auf den Plan trat.

Rami Bleckt
Können Sie jetzt sagen, dass die Dinge sich bessern…
S.N. LAZAREV
Insgesamt betrachtet, ja.

Rami Bleckt
Ich hoffe, das ist auch das Ergebnis Ihrer Unterstützung. Ihre Bücher verkaufen sich hierzulande recht gut.
S.N. LAZAREV
Ich denke, es gibt tatsächlich einen Einfluss. Mit anderen Worten, selbst wenn nur wenige Menschen diese Informationen annehmen können, wird es sich auswirken auf der feinen, unstofflichen Ebene.

Rami Bleckt
Würden Sie unseren Lesern kurz darstellen, wie Sie zu dieser Arbeit fanden?
S.N. LAZAREV
Was meinen Sie mit „wie ich dazu fand“? Jemand nimmt dich an die Hand und führt dich; wie kann man selbst dahin kommen? Wenn die Intuition sich in ständiger Bereitschaft befindet, dann wird offensichtlich, dass die Situation die Kontrolle über die Ereignisse übernimmt. Ich habe noch gar nichts gefunden, ich bin immer noch auf dem Weg!

Rami Bleckt
In welchem Verhältnis steht Ihre Arbeit zur Wissenschaft?
S.N. LAZAREV
Die wissenschaftliche Sichtweise ist die experimentelle Grundlage. Sie ist wie eine Arbeitserlaubnis. Wissenschaftliche Forschung und Studien sind oftmals enorme Routinearbeiten, die für gewöhlich benötigt werden, um eine wissenschaftliche Arbeit zu verteidigen, nicht aber für den Durchbruch. Der kreative Durchbruch wird erst möglich durch Enthusiasmus, Energie, die Idee. Es bedarf keiner speziellen, hochkomplizierten Vorrichtungen; es genügt das technische Verständnis eines Abiturienten. Erst nachdem bestätigt wurde, dass alles funktionierte, können nun die Menschen eigene Erfahrungen sammeln und eigene “wissenschaftliche Entdeckungen“ machen. Die Entdeckung wurde vor langer Zeit gemacht; jetzt muss sie durch harte, sichtbare Fakten in der materiellen Welt bestätigt werden. Die Schlussfolgerungen, zu denen ich während der vergangenen zehn Jahre gelangt bin, werden erst jetzt bewiesen von Wissenschaftlern, Psychologen und Physiologen, die meine Arbeit zum Thema ihrer Abschlussarbeiten und Dissertationen machen. Auf diese Weise muss ich meine Schlussfolgerungen nicht selbst bis zur letzten Phase der Beweisführung ziehen; das haben bereits andere für mich getan und tun das weiterhin. Mein Ziel ist es, eine Entdeckung zu machen; danach bringen die Wissenschaftler, die meine Bücher lesen, die Beweise für meine Forschung unter Heranziehung wissenschaftlicher Fakten und Begründungen. Und da sie sich wissenschaftlicher Methoden bedienen, ernten sie den Ruhm, als erster etwas entdeckt zu haben. Sie haben das Recht, wissenschaftliche Wegbereiter genannt zu werden. Leider kann man eine Idee nicht patentieren lassen.
Ich erforschte die Idee, dass ein Kind sein Geschlecht in den ersten Monaten der Schwangerschaft ändern kann; damals klang das verwegen und lächerlich. Später führten amerikanische Wissenschaftler Forschungen durch, die diese Annahme bestätigten. Oder noch etwas interessantes: Ich war überzeugt, dass die Eingeweide Informationen empfangen können. Man hielt das für kompletten Unsinn. Inzwischen ist es wissenschaftlich bewiesen, dass die Eingeweide und auch der Magen die Nervenzentren sind, während der Solarplexus oft die Funktion des sekundären und mitunter auch des primären Gehirnzentrums übernimmt. Sie verfügen über alles, einschließlich der modernsten Technik und Ausrüstung, sie haben alles, aber sie verstehen die Idee nicht. Letztendlich ist ja die Arbeitsteilung, bei der eine Partei die Idee hat und die andere den Beweis, keine so schlechte Sache.

Rami Bleckt
So oder so, die Wissenschaft hat damit begonnen, eine idealistische Haltung einzunehmen.
S.N. LAZAREV
Ich sehe es nicht so sehr als eine idealistische Haltung, es ist eher so, dass die Wissenschaft ein Terrain betritt, das bislang der Religion vorbehalten war. Bei der Erforschung der feineren Ebenen werden Wissenschaft und Religion am Ende zusammenarbeiten. Auf diesem Gebiet werden sowohl Wissenschaft als auch Religion sekundär. Die Religion kam zu ihren Schlussfolgerungen auf der Grundlage der Forschung einzelner Mystiker, die sich in den feineren Ebenen bewegten. Die Wissenschaft tut jetzt das gleiche, aber mit technischen Mitteln. Die Schlussfolgerungen sind praktisch dieselben.

Rami Bleckt
Ihre wesentliche Schlussfolgerung besteht darin, dass die Liebe zu Gott das wichtigste Ziel im Leben eines Menschen sein sollte. Wenn ein Mensch etwas vor oder über die Göttliche bedingungslose Liebe stellt, dann wird das All diesem Menschen auf irgendeine Weise eine Lektion erteilen. Wir kommen auf diese Welt aus dem einzigen Grund, die Göttliche Liebe zu akkumulieren und weiterzuentwickeln . Es ist jedoch für viele nicht klar, was das wirklich bedeutet.
S.N. LAZAREV
All unsere Ziele müssen letztendlich zu einem einzigen Ziel werden. Wenn das wichtigste Ziel im Leben nicht mit dem obersten Ziel des gesamten Alls übereinstimmt, fällt es der natürlichen Auslese anheim. Das ist ein Naturgesetz. Eine Zelle kann sich auf sich selbst konzentrieren, sie kann über sich selbst nachdenken, aber sie führt Befehle des Organismus bedingungslos aus, ohne diese Befehle zu hinterfragen, zu erklären oder sie zu verstehen. Eine Zelle befolgt einen Befehl des Organismus einfach, weil sie es muss. Ein Mensch muss ebenso handeln, was die Göttliche Logik betrifft. Auch wenn diese Logik unklar oder schwer zu erklären ist, heißt das nicht, dass man sie ablehnen darf.

Rami Bleckt
Viele Ihrer Leser glaubten vor der Lektüre Ihrer Bücher nicht an Gott; wenn sie also lesen, dass man an Gott glauben muss, dann erscheint ihnen diese Vorstellung recht abstrakt. Mitunter höre ich Leser, die meinen, man müsse in ein Kloster gehen, um Ihre Empfehlungen zu befolgen.
S.N. LAZAREV
Wir können immer einen Funken der Göttlichen Liebe in unserer menschlichen Liebe finden, in unserer Liebe zum Geld, zum Essen oder in der Liebe zu unseren Nächsten. Jeder Vektor enthält eine Hauptrichtung und einen primären Betrag, einen wesentlichen Zweck. Jede Situation im Universum enthält ein Element der ursprünglichen Ursache. Je weniger unsere Liebe von Geld, Wohlbefinden oder Wünschen abhängig ist, desto näher ist sie zu Gott. Mit anderen Worten, unsere Liebe zu Gott ist gleichbedeutend mit der Einheit mit Gott; man muss das Eins-Sein mit Gott erfahren, und diese Einheit ist nur über die Liebe möglich. Wie stellt sich diese Liebe dar? Je weniger Bedingungen, Forderungen, Ängste usw. die Liebe ausmachen, desto mehr Göttliche Substanz enthält die Liebe; wahre Liebe sollte nicht mit oberflächlichen Schichten verschmelzen. Nehmen wir an, jemand liebt das Geld. Das nächste, was demjenigen passiert, ist – er wird ausgeraubt und verliert all sein Geld. Wenn dieser Mensch es schafft, in dieser Situation die Liebe zu bewahren, dann ist das ein Hinweis darauf, dass er etwas von der Göttlichen Liebe in sich trägt. Man kann sagen, dass sich seine menschliche Liebe in Göttliche Liebe umgewandelt hat. Wenn sich jedoch der Beraubte am liebsten sofort erhängen möchte, nachdem er sein Geld verloren hat, dann bedeutet das, dass seine Liebe reine Verblendung war. Mit anderen Worten, menschliche Liebe besteht in erster Linie aus Süchten oder Fixierungen; menschliche Liebe läuft für gewöhnlich auf unser Bestreben hinaus, etwas aufzubrauchen, auszugeben, sich durchzuschlauchen. Göttliche Liebe ist das Geben, das Sich-Weg-Schenken. Je mehr wir geben, desto leichter fällt es uns, ein Gespür für die Göttliche Liebe zu entwickeln. Das heißt, egal wie viele Vorträge man einem Geizhals über die Göttliche Liebe hält, er wird sie nie verstehen.
Ein Mensch kann empfinden, was die Göttliche Liebe ist, aber nicht wenn er Geld bekommt, sondern wenn er etwas verliert, insbesondere wenn es sein Leben ist. Wer dem Tod geweiht ist, kann ihn fühlen. Viele beginnen dann, an Gott zu glauben und spüren, dass diese unerklärliche Liebe zum Schöpfer eine Realität wird; was vom Leben übrig ist, fühlt sich dann wie eine Illusion an, während Gefühle der Zuneigung und Fixierung verschwinden. Diese wahre Liebe kann man nur empfinden, wenn man in der Lage ist, etwas Wertvolles zu verlieren und auf sein materielles Wohlergehen zu verzichten. Man muss fähig sein, sich zu mäßigen, die Fastenzeit einzuhalten, für andere zu sorgen und sich am Geben mehr denn am Nehmen zu erfreuen. Wenn man in der Lage ist, damit zu beginnen, dann erkennt man, dass diese sehr geheimnisvolle, verborgene, unbekannte Liebe eine Realität werden kann. Wer nur nehmen und konsumieren will, wer sich nicht um andere bemüht, wer selbstsüchtig ist, wer das eigene Wohlergehen, das tägliche Brot und ein gutes Sümmchen zum Hauptzweck erwählt, wird die Liebe zu Gott nicht verstehen können.

Rami Bleckt
Alles was Sie eben sagten, ist allgemein bekannt. In Ihren Entdeckungen führen Sie allerdings die bahnbrechende Idee ein, dass ein einzelner Mensch sich mit religiösen und spirituellen Praktiken befassen kann und zu einem spirituellen Wesen wird und dabei dennoch seine Seele verletzen kann. Und wenn etwas die Seele verletzt, dann spiegelt sich das folglich im physischen Körper wider; so werden am Ende beide – Körper und Seele – leiden.
S.N. LAZAREV
Die Seele wird darunter nicht leiden, aber spirituelle und religiöse Praktiken sind keine Garantie für die Reinheit der Seele; und darüber habe ich gesprochen. Normalerweise betrachtet der Mensch seine materiellen Güter (wie Geld, Essen) und das Göttliche als zwei Gegensätze. Spiritualität und Göttlichkeit waren jedoch niemals Gegensätze oder getrennte Dinge. Was wir nie in Betracht zogen ist, dass selbst das höchste spirituelle Bestreben noch zur irdischen Natur gehört und damit niemals Teil des Göttlichen sein kann. Dieselben Prozesse können aktiviert werden. Der Mechanismus bleibt derselbe, ob man nun das Essen, das Geld oder seine Prinzipien anbetet. Nebenbei bemerkt ist es leichter, sich von seinen materiellen Werten zu verabschieden, wie zum Beispiel dem Essen und dem Geld; es fällt viel schwerer, sich von seiner Spiritualität, seinen Fähigkeiten oder seinem Intellekt loszusagen.

Rami Bleckt
Wollen Sie damit sagen, dass es mitunter schädlich für einen Menschen sein kann, streng religiöse Vorschriften einzuhalten oder esoterische Forderungen zu erfüllen…?
S.N. LAZAREV
Eigentlich nicht. Wenn ein Mensch sich strikt an seine Finanzpolitik hält, d.h., er verdient sein Geld, legt es beiseite, lässt es arbeiten, dann ist daran nichts Schlechtes und es wird ihm keinen Schaden zufügen. Schaden richtet es erst an, wenn das Geld für ihn an erster Stelle steht; dann wäre er imstande, die Liebe zu seiner Familie, seinen Kindern und das Gefühl der Liebe ganz allgemein aufzugeben —alles des Geldes wegen. Das bedeutet, dass es nicht gefährlich ist, solange ein Mensch das Geld als zweitrangig betrachtet, wenn er in der Lage ist, es für die Liebe zu opfern. Das Gleiche gilt für die Spiritualität. Was heißt es, bereit zu sein, seine Spiritualität zu opfern? Es bedeutet, einem Menschen zu vergeben, der unserer Ansicht nach im Unrecht ist; man muss verstehen lernen, dass Liebe wichtiger ist als Gerechtigkeit und Recht zu haben. Wenn Gerechtigkeit wichtiger als die Liebe wird, dann zeigt das, dass die Priorität auf der Spiritualität liegt. Wenn für einen Menschen, der sich spirituell oder religiös betätigt, die Liebe an zweiter Stelle steht, kann seine spirituelle Arbeit ihm schaden. Das passiert mit religiösen Fanatikern, für die religiöse und spirituelle Gesetze wichtiger sind als das Leben, die Liebe und alles andere. Das geschieht auch, wenn Menschen ihre moralischen Grundsätze über alles stellen, selbst in lebensbedrohlichen Situationen; das würde sie nicht von ihren Prinzipien abbringen, egal wie die Umstände auch sein mögen. Hier gibt es eine unsichtbare Linie; wenn ein Mensch sie überschreitet, beginnt er, sich von Gott und der Liebe zu entfernen, um seinen Konzepten und seinem spirituellen Wohl zu frönen.

Rami Bleckt
Ich traf Menschen mit schweren psychischen Problemen; dennoch wurden sie keine religiösen Fanatiker. Meist befassten sie sich mit bestimmten esoterischen, mystischen, meist östlichen Lehren.
S.N. LAZAREV
Schauen wir uns das genauer an. Ein Schüler besucht die erste Klasse. Danach besucht er normalerweise die zweite und die dritte Klasse. Ein Freund spricht ihn in der Pause an und erzählt ihm: “Wusstest Du, was für interessante Sachen man an der Hochschule lehrt?! Überspring die Schule einfach; du brauchst sie nicht. Lass uns an der Uni studieren.” Man kann sich in etwa vorstellen, was bei diesem Bildungsweg herauskommt und welche Ergebnisse die Schüler dabei erreichen werden. Man darf nicht vergessen, dass man emotional vorbereitet sein muss, um die esoterischen Kenntnisse, die in erster Linie aus dem Osten und Indien zu uns kommen, aufzunehmen und richtig zu verstehen. Um über Geschehnisse in den ätherischen Sphären mitreden zu können, wie z.B. außerkörperliche Astralreisen, Kontakt mit fremden Welten, Reisen während des Schlafzustandes und Wachzustände, muss man zunächst ein paar Jahre die Grundschulbank gedrückt haben. Die Schulbildung sorgt für die emotionale Vorbereitung. Man sollte frei sein von Hass, Neid, Bitterkeit, Verletzungen, Gier, Niedergeschlagenheit, Ängsten oder Reue; wenn man davon frei wird, kann man in Harmonie mit seiner Umgebung kommen. Nur wenn die Seele in Harmonie ist und keinerlei Aggression in sich trägt, ist es für sie möglich, die ätherischen, unstofflichen Gebiete zu betreten, ohne dabei Schaden zu erleiden.
Viele esoterische Fachleute bieten dem unvorbereiteten Sucher oft zu eilig ungeeignete Informationen an; wenn ein Mensch weiterhin festhält an seinem Groll, Geiz und Neid, können diese Informationen ihn töten. Was wäre also das wahrscheinlichste Szenario für so einen Menschen, nachdem er Zugang zu diesen esoterischen Mysterien erhält? Höchstwahrscheinlich wird er sich vor diesen Informationen verschließen, was seine einzige Rettung ist. Auf diese Weise kann er jahrelang diese Schulen besuchen ohne irgendein augenscheinliches Ergebnis. Die Mehrzahl dieser Schulen vermittelt scheinbar Wissen, während sie letzten Endes in Wirklichkeit nichts weiter als einen Haufen Probleme für ihre Schüler verursachen. Theoretisch könnte man das erste Jahr des Studiums überspringen; aber nicht jeder kann sich das leisten.

Rami Bleckt
Welche Emotionen sind Ihrer Meinung nach in der modernen Gesellschaft besonders nachteilig und schädlich für das Wachstum der Göttlichen und bedingungslosen Liebe?
S.N. LAZAREV
Je näher man der Liebe ist, desto gefährlicher ist es, aggressive Emotionen in sich zu bewahren. Daher sind die gefährlichsten Emotionen die, die wir für die Menschen empfinden, die wir lieben; das sind für gewöhnlich Verletzungen oder Gefühle des Hasses; es ist ebenso gefährlich, seine Eltern, Geschwister und sich selbst zu verurteilen sowie seine Kinder und den Partner. Es ist eine Sache, jemanden zu beneiden oder Groll gegen ihn zu hegen, der aus dem “Nachbardorf” ist, und es ist eine andere Sache, wenn man Groll hegt gegen die Eltern oder sich selbst. Letzteres ist eine echte Katastrophe. Der Kern der Sache ist also nicht, welche Emotionen wir empfinden, sondern auf wen diese Emotionen gerichtet sind.

Rami Bleckt
Ich habe von Philosophen gehört, die behaupten, es sei leichter, den Rest der Welt zu lieben als jemanden, der einem nahe steht und mit dem man zusammen lebt.
S.N. LAZAREV
Der Grund dafür liegt darin, dass uns die größten Schmerzen von den Menschen zugefügt werden, die uns nahe stehen. Je größer die Liebe eines Menschen ist, desto intensiver vollzieht sich seine Reinigung. Sobald wir also große Liebe erfahren, sollten wir uns des großen Schmerzes bewusst sein, der sie begleitet. Aus diesem Grund verursachen die uns nahestehenden Menschen für uns die meisten Schmerzen und Sorgen. Unsere Bereitschaft, diesen Schmerz zu akzeptieren, hilft sowohl dem geliebten Menschen als auch uns selbst in unserem Wachstum. Schmerz trennt uns für gewöhnlich von bestimmten Dingen; er führt eine Art Spaltung herbei. Es ist sehr wichtig, auf Schmerz richtig zu reagieren. Zuallererst ist es erforderlich, den Göttlichen Funken in uns in dem Moment aufrechtzuerhalten, wenn wir unseres menschlichen Glücks beraubt werden. Dies bedeutet, wir müssen unser Mitgefühl, unseren guten Willen und die Fähigkeit zu vergeben bewahren. Zweitens sollten wir an unserer Selbstdisziplin und Führung arbeiten sowie an der Erziehung und Führung anderer. Wenn wir auf Schmerz nicht reagieren, verfallen wir in Depression. Man muss auf jede Art von Stress reagieren; man muss es nur richtig tun. Wenn es etwas gibt, was uns nicht gefällt, dann sollen wir uns selbst ändern. Wir sollten immer daran denken, dass die beste Art der Veränderung die Veränderung unseres Selbstes ist, da die Beschaffenheit unseres Feldes identisch ist mit unserem psychologischen Zustand. Unser Feld wird später alles beeinflussen, was um uns herum passiert. Mit anderen Worten, der gesamte Ursache-Wirkung-Mechanismus in der uns umgebenden Welt ist mit der inneren Beschaffenheit des Menschen verknüpft. Die Art, wie ich im Inneren bin, bestimmt die Ereignisse, die im Äußeren um mich her auftreten.

Rami Bleckt
Ich habe beobachtet, dass wenn man zu den Menschen von Gott spricht, sehr oft diese Frage gestellt wird: Wie kann Gott so ungerecht sein? Viele Menschen fragen sich, warum ein netter Mensch, der in die Kirche geht und einen rechten Lebenswandel hat, leiden muss, krank wird, die Härten des Lebens erfährt, während es einem Dieb oder Kriminellen finanziell und körperlich gut geht bei gut gefüllter Kasse.
S.N. LAZAREV
Zuerst müssen wir begreifen, was sich hinter dem Begriff der Gerechtigkeit verbirgt. Der Mensch neigt dazu, diesen Begriff für sich selbst zu prägen. Was dient ihm dabei als Grundlage? Nehmen wir an, wir lesen im Alten Testament, dass unsere Familie lange und in Wohlstand leben wird und dass wir selbst gesund und von Krankheit verschont bleiben, wenn wir alle von Gott gegebenen Anweisungen befolgen. Das eben beschriebene folgt einem bestimmten Schema; eine Entsprechung kann man in der alten indischen Philosophie finden. Wenn wir betrügen und stehlen, werden wir in diesem oder im nächsten Leben dafür bestraft. Es gibt also zwei Erklärungen: 1) Gott ist ungerecht. 2) Gott ist gerecht, aber wir verstehen seine Gerechtigkeit nicht. Entweder bezahlen wir für etwas aus einem vergangenen Leben oder es gibt etwas in uns, das bearbeitet werden muss; unsere Probleme befinden sich eventuell in einer für uns nicht sichtbaren, aber dennoch existierenden Schicht. Alles kann erklärt werden, sogar ohne die Anerkennung der Reinkarnationstheorie. Mal angenommen, es gibt in unserem Blut ein negatives Erbe; äußerlich kann es unbemerkt bleiben. Die Dinge, die mit einem Menschen geschehen, werden nicht bestimmt durch die oberflächliche sondern durch die tieferliegende Bewusstseinsschicht, die tief im Inneren verborgen ist. Und daher geschieht es sehr oft, dass sich unser Inneres nicht offensichtlich im Äußeren manifestiert, darin wie wir äußerlich erscheinen. Aber die tiefliegenden Dinge in unserem Inneren können durch die Ereignisse, die wir im Äußeren erfahren, aufgespürt werden; diese Ereignisse sind die Folge unserer inneren Beschaffenheit. Bevor wir also entscheiden, ob Gott gerecht ist oder nicht, müssen wir verstehen, was Gerechtigkeit ist. Betrachtet man die Dinge vom Göttlichen Standpunkt aus, gibt es nur eine Gerechtigkeit: geht ein Mensch auf Gott zu, befindet er sich unter dessen ständigem Schutz. Dementsprechend wird ihm dieser Schutz genommen, wenn er sich von Gott entfernt. Ist das Gerechtigkeit? -- Ja, das erscheint gerecht. Kann man das im Alten Testament finden? Ja, dieses Wissen findet man im Alten Testament, aber nicht in den östlichen Lehren. Was heißt es, auf Gott zuzugehen? Wir können Gott durch das Gefühl der Liebe entdecken. Dieses Gefühl wird andauern, wenn das Gefühl der Liebe uns wichtiger ist als alle anderen materiellen oder spirituellen Werte, ja sogar wichtiger als unser Leben. Die Göttliche Logik arbeitet für Gott. Die menschliche Logik arbeitet für unser Wohlergehen, unseren Körper und unser Leben. Oft tun Menschen Dinge, um anzugeben oder Punkte zu sammeln in der Hoffnung, dafür von Gott belohnt zu werden; und dann verlieren sie den Verstand, wenn Gott wiederum ihre physischen Körper Leiden und Unbequemlichkeiten aussetzt. Gott rettet unsere Seelen und unser Gefühl der Liebe, indem er unsere physischen Körper Leiden und Unannehmlichkeiten aussetzt. Im Gegensatz zu uns kann Gott die Beschaffenheit unserer tiefliegenden spirituellen Strukturen erkennen; und somit weiß Er, welche Erfahrungen wir benötigen, um die Göttliche Liebe zu bewahren. Wir sehen diese spirituellen Strukturen zu keiner Zeit, da der Mensch nur höchstselten mit einer solchen Gabe gesegnet ist. Daher können wir die Göttliche Logik auch niemals vollständig erfassen oder sie uns vorstellen. Es ist nutzlos, darüber betrübt zu sein oder mit Gott Bedingungen auszuhandeln. Die Logik der Liebe ist unzerstörbar; sie ist ewig. Aus Gott sind wir entstanden, und zu Gott gehen wir zurück. Wenn wir Probleme mit unserem physischen Körper haben, dann ist das ein Hinweis auf den Mangel an Liebe in unseren Seelen. Egal wie ungehörig sich ein Mensch im Äußeren benimmt, wenn er in seiner Seele harmonisch ist, wird er auch weiterhin von oben beschützt. Dieser Schutz hält allerdings nicht für immer, wenn der Mensch sein altes Verhaltensmuster beibehält; wenn wir wiederholt auf eine bestimmte Weise im Äußeren agieren, wird alles mit der Zeit nach innen dringen und sich dort ablagern. So wird ein Gauner oder Schurke früher oder später ernten, was er säte. Wir sind dazu verurteilt, früher oder später Probleme zu haben, wenn wir andere verurteilen oder materiellen oder spirituellen Werten vor der Liebe den Vorzug geben.

Rami Bleckt
In Ihren Büchern schreiben Sie, und das ist eine allgemein bekannte Tatsache, dass das Gefühl der Liebe in der materiellen Welt am eindringlichsten wahrgenommen werden kann in der Liebe einer Mutter zu ihrem Kind. Mit anderen Worten, Mutterliebe ist recht bedingungslos; diese Medaille hat natürlich eine zweite Seite, wenn, wie Sie sagen, Eltern zu stark an ihren Kindern anhaften und sie anbeten. Kann es zuviel elterliche Zuneigung und Liebe geben?
S.N. LAZAREV
Die Anhaftung ist immer zu groß, selbst wenn sie minimal ist. Dagegen kann es nie zuviel Liebe geben. Worauf läuft das gesamte System hinaus? Darauf auf welche Prinzipien sich eine Mutter stützt in ihrer Liebe zum Kind. Welche Qualitäten will sie in ihm hervorbringen? Diese Frage soll sich eine Mutter stellen.

Rami Bleckt
Und wie sehen Sie diese feine Linie, eine Linie zwischen Liebe und Anhaftung an ein Kind?
S.N. LAZAREV
Wer eine falsche Weltsicht hat, kann keine harmonische Haltung anderen gegenüber einnehmen. Eine Mutter mit einer solchen Weltsicht kann ihr Kind lieben, wird es aber gleichzeitig unfreiwillig und unwissentlich töten.

Rami Bleckt
Wann passiert das typischerweise?
S.N. LAZAREV
Eine Mutter muss sich fragen, was sie in ihrem Kind letzten Endes sehen möchte. Was möchte sie aus ihrem Kind entwickeln? Wenn eine Mutter wünscht, dass ihr Kind schlauer als sie ist, ihren Intellekt bewahrt, ihre Talente, usw., dann erwartet sie, dass es intelligenter und talentierter wird. Sie wird alles tun, damit sich ihr Kind auf seine Fähigkeiten konzentriert und dabei erwarten, dass es seine Fähigkeiten und Talente weiterentwickelt. Wenn eine Mutter wünscht, dass es ihrem Kind gut geht und es gedeiht, wird sich bei ihr alles um sein Leben drehen. Sie wird versuchen, sein Leben sicher zu gestalten, ihm Geld, Süßes, Speise, Aufmerksamkeit, gute Kleidung usw. zu geben. Je mehr sich eine Mutter auf das Leben oder die Fähigkeiten ihres Kindes konzentriert, desto zerstörerischer wird sich das auf sein Leben oder seine Fähigkeiten auswirken. Mit anderen Worten, wie soll ein Mensch den anderen behandeln? Im Neuen Testament wird gesagt, dass man andere so behandeln soll, wie man selbst behandelt werden will. Wenn ich mich recht erinnere, findet man diese Idee auch im Alten Testament.

Rami Bleckt
In den Midraschim wird erzählt, dass der weise Jude Gilel einmal gefragt wurde: Kannst du mir den wesentlichen Kern der Tora erläutern, während ich auf einem Fuß stehe? Er antwortete: Ja, das kann ich. Die Essenz der Tora ist, dass man einen Anderen so behandeln soll, wie man sich selbst behandelt; der Rest sind lauter Kommentare dazu.
S.N. LAZAREV
Im Neuen Testament werden viele Dinge aus dem Alten Testament wiederholt, allerdings hat sich der Akzent dazwischen leicht verschoben. Jede Behauptung, selbst wenn sie vor dreitausend Jahren absolut richtig und notwendig war, muss modifiziert werden, um in der Gegenwart verstanden zu werden. Es gibt eine Redewendung, dass man Andere so behandeln soll, wie man sich selbst behandeln würde. Was bedeutet das? Es bedeutet, dass man die primäre Funktion erfüllen muss durch die Vermeidung jeder Form von Neid, Hass oder Aggression; der Mensch soll seine Aggressivität, seine Forderungen, seine Diebstähle usw. reduzieren. Mit der Zeit erfolgt der nächste Schritt, man hat keinen Hass mehr und muss nun auf die Liebe zugehen. Wie nähert man sich der Liebe? Hier bedarf es einer etwas anderen Herangehensweise; der Weg zur Liebe wird beschritten durch Selbstbeschränkung, Zurückhaltung, mitunter muss man sich auch einem harten Regime unterziehen. Also, zunächst sollte man Andere ebenso behandeln wie sich selbst und ihnen auch helfen, ihren eigenen göttlichen Funken zu fühlen. Um auf das Kind zurückzukommen: Kinder sollte man nie überfüttern, sondern ihnen Grenzen setzen, sie bestrafen und dabei nie aufhören, sie zu lieben. Einige Mütter behandeln ihre Kinder ausschließlich so, wie sie selbst im Alter von ihren Kindern behandelt werden wollen. Mit anderen Worten, eine Mutter wünscht sich, dass ihr Kind sie einmal im Arm trägt, sie küsst, umarmt und ihr nette Dinge kauft; sie behandelt ihr Kind auf diese Weise in der Hoffnung, dass ihr Kind sie eines Tages ebenso behandeln wird. Sie erkennt jedoch nicht, welche Wirkung diese Behandlung auf ein Kind hat; sie tötet es, indem sie es an materielle Werte bindet. In diesem Sinn ist es also schwierig, einer Aussage zu folgen, die lautet, du sollst andere so behandeln, wie du von ihnen behandelt werden möchtest. Diese Aussage liefert keine genauen Angaben, wie ein Mensch einen anderen nun tatsächlich behandeln soll. Wir sollen den Göttlichen Kern in uns selbst spüren und hegen und anderen, besonders unseren Kindern, helfen, dasselbe zu tun. Dann kann man die Worte des Christus verstehen lernen: deine schlimmsten Feinde sind deine Nächsten. Mit den “Nächsten” meint er die Menschen, die uns überfüttern wollen, bemuttern, uns anbeten und unserer Seele unwissentlich oder ohne Absicht schaden.
Auf diese Art verletzen Eltern oft unfreiwillig ihre eigenen Kinder.
Eine Mutter sollte also lernen, ihr Kind zu lieben und gleichzeitig eine gewisse Distanz zu ihm zu wahren.
Wie haben das die Könige in alten Zeiten gemacht? Wenn sie bemerkten, dass ihre königliche Linie auszusterben drohte, weil der Thronfolger wahrscheinlich sterben würde, gaben sie ihn in eine Bauernfamilie, wo er aufgezogen wurde und wo seine Ambitionen und sein physischer Komfort herabgesetzt wurden. Auf dieser Grundlage konnte der Thronfolger später in Harmonie mit sich und der Welt leben. Der König jedoch wäre nicht bereit, sich wie ein Bauer behandeln zu lassen, er würde das nie zulassen. Warum also schickte er seinen Nachkommen in eine Bauernfamilie? Weil er nur ein König sein würde, wenn er in diese Rolle hineinwächst; solange er noch ein Kind ist, ist er noch kein König und es steht ihm noch keine königliche Behandlung zu.
Da wir heute anders sind, müssen wir uns über die alten Vorstellungen erheben und unser Verständnis davon erweitern, wie man andere behandeln soll. Einerseits will man Dinge, die dem Wohlbefinden dienen, wie die Sicherung des Lebens und die Verbesserung der Fähigkeiten; all das sind menschliche Wünsche. Andererseits wünscht sich kein Mensch Schmach, Erniedrigung oder Krankheit oder gar den Tod; aber genau das reinigt die Seele. Wer im Leben nur reich und erfolgreich sein will, der wird ausgeraubt, betrogen und krank. Wer sich weigert, sich freiwillig Gott zu nähern, der wird dazu gedrängt werden durch Schmerz. Brauchen Partnerschaften und Beziehungen Schmerz? Ja. Eine gewisse Dosis Schmerz ist im Leben nötig; sie löst uns von Stabilität, Anhaftungen usw. Wenn also eine Mutter ihr Kind richtig erziehen will, muss sie lernen, das rechte Umfeld für das Kind zu schaffen, in dem es später leben kann. Und mitunter muss eine Mutter ihr Kind dem Schmerz aussetzen, ihrem Kind ein Gefühl des Schmerzes vermitteln und es manchmal Ungerechtigkeit spüren lassen und ihm gleichzeitig beibringen, wie man mit diesen Dingen umgeht.

Rami Bleckt
In einem Ihrer Vorträge erwähnen Sie etwas, das mit den östlichen und buddhistischen Lehren übereinstimmt; Sie sagen, dass das Verhalten der Frau großen Einfluss auf den Zustand des Mannes hat. Das heißt, die Art wie sich eine Frau verhält, bestimmt zu 80% den Zustand des Mannes, der mit ihr zusammenlebt. Die Frau ist die Seele der Familie; sie trägt eine große spirituelle Verantwortung auf ihren Schultern.
S.N. LAZAREV
Es gibt keine Verantwortung. Die Idee der Verantwortung schließt Forderungen ein. Wenn man versucht, eine Sache vom Standpunkt der Forderungen und Verantwortlichkeiten zu verstehen, wird man nie etwas begreifen. Die Familie ist eine Vereinigung von Menschen mit dem Zweck, den Fortbestand der Sippe zu sichern und Kinder zur Welt zu bringen. Wer gebiert die Kinder in der Familie? Das tut die Frau. Somit ist die Frau das primäre Element der Familie. Es gibt keine Verantwortung, Forderungen, oder Bedingungen; es ist eine einfache biologische Tatsache. Da die Frau die Kinder zur Welt bringt, benötigt sie zusätzliche Energie; die Energie muss größer sein als die des Mannes. Gott gibt der Frau mehr potentielle Energie, damit ihre Kinder mit daraus leben können. Ich habe beobachtet, dass die Kinder anfangen krank zu werden, wenn die Mutter ihrer Arbeit oder Karriere zuviel Aufmerksamkeit schenkt. Das ist kein Zufall, hier gibt es eine Reaktion. Die stärkere Energie der Frau beeinflusst ihre Kinder; und dann beeinflusst sie durch die Kinder und durch sich selbst auch ihren Ehemann.
Wenn sich eine Frau nicht harmonisch in ihre Aufgaben fügen kann, wird sie in ihrer Familie Probleme hervorrufen und weiter gesundheitliche Probleme und Schicksalsschläge für den Ehemann und die Kinder. Es gibt noch etwas wichtiges: egal wie stark die Energie eines Menschen ist, sie ist nicht so stark wie Information; subtile, feine Information kontrolliert und steuert die Energie. Auf der Energieebene ist die Frau stärker als der Mann, während auf der Informationsebene der Mann stärker ist als die Frau, d.h., wenn der Mann die rechte Weltsicht hat und die Frau die richtige Energie. Wenn aber der Mann nicht die rechte Weltsicht hat, wird das entsprechend die Energie der Frau beeinträchtigen, und die Frau wird ihren Mann mit ihrer Energie töten. Auf diese Weise erhält ein Mann genau das, was er verdient.

Rami Bleckt
In Ihren Büchern schreiben Sie, dass uns jede Sekunde unseres Lebens entweder näher zu Gott bringt oder uns weiter von Ihm entfernt, und dass wir ständig versuchen müssen, die Göttliche Liebe in uns selbst zu akkumulieren und zu vergrößern. Was wollen Sie damit sagen?
S.N. LAZAREV
In jedem Bruchteil einer Sekunde dehnt sich das Universum aus. Ausdehnung ist Zerstörung. Zerstörung bedeutet Verlust. Folglich erfahren unsere Seelen in jedem Bruchteil einer Sekunde den Schmerz des Verlusts. Wenn wir im täglichen Leben gewohnt sind, auf Schmerz mit Hass, Verurteilung und Bitterkeit zu reagieren, dann heißt das, dass wir das Universum in jedem Bruchteil einer Sekunde attackieren. Das setzt ein Programm der Selbstzerstörung in Gang, das Krankheiten, beschleunigtes Altern und den Tod verursacht.

Rami Bleckt
Sie sprechen oft darüber, dass das größte Problem der westlichen Gesellschaft in ihrer Unfähigkeit besteht, den Verlust ihrer Zukunft zu akzeptieren, dass die Gesellschaft sich zu sehr vor ihrer Zukunft fürchtet. Sie verwenden den Ausdruck: eine Abhängigkeit von der Zukunft. Was meinen Sie damit?
S.N. LAZAREV
Wenn wir z.B. menschliche Werte betrachten, seien sie materieller oder spiritueller Natur, dann kann man sehen, dass letzten Endes auf den immer feineren Ebenen die Dinge immer stärker miteinander verbunden sind, wie sie sich auf der äußersten Stufe niemals vereinen könnten. Wenn wir uns fixieren auf unser menschliches Glück, sei es spirituell oder materiell, verlieren wir die Liebe. Deshalb wird es umso gefährlicher, je feiner und subtiler die Ebenen sind, mit denen wir uns verbinden. Im Äußeren kann ein Mensch sehr gierig wirken. Wenn er jedoch im Inneren rein ist, seine Liebesenergie groß, dann wird ihm seine Neigung zunächst nicht schaden. Die Probleme werden nicht unmittelbar sichtbar. Mit anderen Worten, unsere Fixierung des menschlichen Glücks ist gefährlicher im Inneren als man es im Äußeren erkennen kann. Alle Werte haben ihre Wurzeln in der Zukunft. Daher ist Abhängigkeit von der Zukunft der Samen all unserer Probleme; dieser Samen bricht später mit größerer Kraft hervor. Nehmen wir an, ein Kind wird geboren; es hat viel Liebe in seiner Seele, und es möchte Nahrung, schicke Kleidung, Geld, Fähigkeiten und ein erfolgreiches Leben. Gierig nimmt es all diese Dinge in sich auf und denkt nur an sie; und fühlt sich dabei noch sehr wohl. Warum ist das so? Weil sein Vorrat an Liebe noch sehr groß ist und seine Abhängigkeit von menschlichen Werten noch nicht in die subtilen, feinstofflichen Ebenen eingedrungen ist. Also taucht es ein in dieses Glück, strebt danach und alles läuft prächtig. Ein Kind muss lernen, seine Wünsche zu zügeln, keinen Druck auf andere auszuüben, um sich selbst Freude zu verschaffen oder sich etwas zu gönnen, es muss lernen, wie man richtig isst ohne sich zu überfressen, wie man verzeiht und dass man keinen Groll gegen andere hegen soll. Ein Kind wird seinen Vorrat an potenzieller Liebe sehr schnell aufbrauchen, wenn es die Gesetze missachtet, die ihm helfen, die Liebe zu bewahren, welche das Kind wiederum rettet, die ihm gestattet, an der Oberfläche zu tun, was immer es möchte, ohne leiden zu müssen.
Man könnte sagen, dass Eltern manchmal das Liebespotential ihrer eigenen Kinder soweit aufbrauchen, dass ein Kind bereits mit ungenügendem Liebesvorrat geboren wird. Es ist gefährlich für einen solchen Menschen, Geld zu haben, selbst wenn es nicht das große Geld ist. Ein verhältnismäßig günstiges Schicksal kann ebenfalls katastrophale Auswirkungen haben. Ein gütiges Leben wird einen Ausbruch von Eifersucht auslösen gefolgt von Krankheiten, Tod, usw. Welche Schlüsse können wir daraus ziehen? Der Liebesvorrat ist gering, weil es auf der subtilen, nicht wahrnehmbaren Ebene bereits bestimmte Anhaftungen und Fixierungen gibt. Was geschieht heute mit dem gesamten Menschengeschlecht? Die Weltreligionen versorgten die Menschheit mit einem großen Liebesvorrat; vor tausenden von Jahren gab es viele Menschen, die sich für ein Leben in Zurückgezogenheit, Abgeschiedenheit, starker Selbstbeschränkung oder für das Kloster entschieden, die all ihre menschlichen Vorteile und Werte aufgaben. Ich war überrascht zu erfahren, dass noch bis zum Ende des letzten Jahrhunderts in Russland das erstgeborene Kind der Familie ins Kloster gegeben wurde; es spielte keine Rolle, ob ein Kind hübsch, unansehnlich oder talentiert war. Vom ersten Kind wurde erwartet, dass es zu Gott betete für die Vergebung der Sünden seiner Familie. Heutzutage haben wir überhaupt keine Vorstellung mehr davon, wie religiös wir vor ca. ein- oder zweihundert Jahren waren. Die Weltreligionen statteten uns mit einem enormen Potential und Vorrat an Liebe aus; wir empfingen es und brauchten es vollständig auf. Heutzutage denkt jeder nur an Geld, Wohlbefinden und Erfüllung der Wünsche; der Liebesvorrat geht zur Neige. Die Menschen ähneln immer mehr einem Kind, dem die elterliche Liebe fehlt. In solchen Fällen ist das Leben eines Menschen bereits beim bloßen Anblick irgendeines Glücks gefährdet. Will ein solcher Mensch überleben, muss er lernen, wie er seine Essgewohnheiten zügeln kann, seinen Hass gegen andere, seine Ambitionen und seinen Groll. In diesem Zustand muss er lernen, sich auf den feinsten und subtilsten Ebenen zu bescheiden. Die feineren Ebenen oder Felder sind direkt mit der Zukunft verbunden. Deshalb dürfen wir unseren Ängsten, Urteilen und unserer Niedergeschlagenheit nicht freien Lauf lassen, denn sie sind die ersten Indikatoren dafür, dass wir von der Zukunft beherrscht werden. Und diese Aufgabe ist schwieriger als zu vergeben oder Groll und Verletzungen loszulassen.

Rami Bleckt
Wie kann ein Mensch die Göttliche Liebe in seinem alltäglichen Leben entwickeln; es gibt da draußen so viele abstrakte Ideen, und das Leben ist ein zunehmendes Chaos. Das gilt besonders für den Westen, wo der industrielle Lebensstil von den Menschen verlangt, ungeheuer viel Energie auf die äußere Welt zu verwenden. Viel zu viel Zeit wird für Dinge vergeudet wie, nach dem Bankkonto sehen, die Rechnungen pünklich zahlen, nicht zu spät zur Arbeit kommen und so weiter. Welche praktischen Tipps haben Sie in diesem Zusammenhang?
S.N. LAZAREV
Meine praktischen Empfehlungen sind sehr einfach. Zuallererst muss man verstehen, dass es so etwas wie eine Zivilisation gibt (die westliche in diesem Fall), die dahingehend wirkt, dass der Mensch die Verbindung mit Gott verliert; solch eine Zivilisation läuft Gefahr, selbst zusammenzubrechen. Vor 3500 Jahren lehrte Gott die Hebräer, Ihm einen Tag in der Woche zu widmen; an diesem Tag sollte der Mensch nicht arbeiten oder mit irgendetwas anderem beschäftigt sein als mit dem Gedenken an Gott und mit dem Gebet. Sowohl die Religion als auch Regierungen gaben den Menschen die Möglichkeit, an Gott zu denken; deshalb konnten die Juden überleben. Es gibt Regierungsstrukturen, die eine entgegengesetzte Richtung einschlagen und damit die Menschen auf ihre täglichen Probleme fixieren; ein solches Regime wirkt nicht an der Möglichkeit mit, dass das Volk das Göttliche in sich selbst erfahren kann, sondern es beraubt den Menschen dieser Fähigkeit. Folgerichtig muss ein solches System aussterben und verschwinden. Wenn unser Kopf vollauf mit unserem materiellen Wohlergehen beschäftigt ist, fällt es schwer, weiterzudenken als bis zur nächsten Mietzahlung. Die westliche Zivilisation hat den Menschen auf diese Art des Denkens festgelegt. Dieser Prozess dauert Jahrzehnte, nicht Jahrhunderte oder Jahrtausende. Also muss ein Problem zuerst auf der Regierungsebene gelöst werden. Es sollte Gesetze geben, die den Menschen zwar nicht verpflichten, aber es ihm gestatten, an das Göttliche zu denken. Diese Tatsache muss von Psychologen, Philosophen und Soziologen anerkannt werden; anderenfalls ist die Gesellschaft dem Untergang geweiht. Heutzutage kann jeder Mensch ein paar freie Abende finden, die er seiner Seele widmet. Das kann geschehen durch Einschränkung im Essen, Sex und der Ambitionen; dazu gehört auch das Gebet und phasenweises Fasten. Der Mensch muss lernen, dass das höchste Gut nicht der Kontostand ist sondern die Beschaffenheit der Seele. Die Seele besitzt die Fähigkeit zu lieben und zu vergeben, sich einfach an der Tatsache zu erfreuen, dass sie täglich immer mehr von dem Gefühl der Liebe erfüllt ist.

Rami Bleckt
Zur Zeit des Krieges gab es einen bekannten Rabbi; nachdem er all das Leid gesehen hatte, das sein Volk hatte durchleben müssen, hörte er auf, an Gott zu glauben. Er meinte, es gäbe keinen Gott, denn dieser würde, wenn er tatsächlich existierte, solche Grausamkeiten nicht zulassen. Und so geschah es, dass viele orthodoxe Juden aus der Europäischen Nation verschwanden. In Osteuropa bewahrten viele Menschen ihre Traditionen. Was sehen Sie als Ursache dafür? Tatsächlich musste das jüdische Volk nicht nur eine Katastrophe erleben, es wurde auch vor beinahe zweitausend Jahren verbannt. Sogar in Israel in ihrem eigenen Land ist das Leben der Juden bis auf den heutigen Tag sehr problematisch und komplex.
S.N. LAZAREV
Betrachten wir zunächst einmal die klassische östliche Auffassung von Karma. Sie besagt, dass ein schweres Schicksal in diesem Leben von Vergehen in vergangenen Leben zeugt. Demzufolge, wenn das jüdische Volk solch ein Schicksal erfährt, heißt das, dass es in seinen vergangenen Leben stahl, mordete und Menschen unwürdig behandelte. Entsprechend der klassischen indischen Tradition ist das alles logisch. In Wirklichkeit sind diese Dinge aber nicht passiert. Betrachten wir das Judentum. Gott legte genau fest: “Wenn ihr meine Gebote befolgt, werde Ich euch beschützen, andere Völker verbannen, euch helfen, sie zu vertreiben und ihr werdet gesund sein und ihr werdet lange leben.” Am Ende waren es gerade die ernsthaftesten Gläubigen, die zerstört wurden. Wo sind hier also Logik und Gerechtigkeit? Es gibt keine Erklärung, wenn man die Dinge vom klassischen Standpunkt der jüdischen Interpretation betrachtet.
Wir müssen eine Tatsache in Betracht ziehen. Die Orthodoxie hat nie erwähnt, dass Menschen, die eine orthodoxe Kirche besuchen, danach schwer erkranken können, ins Krankenhaus eingewiesen werden, psychische Veränderungen erleiden usw. Ich habe früher darüber schon geschrieben, denn ohne das zu wissen, kann die Gemeinde durch solche Erfahrungen entmutigt werden oder sich ängstigen. In Wirklichkeit ist das ein zutiefst positiver Prozess. Wenn ein Mensch innerlich auf weltliche Aspekte ausgerichtet ist anstatt auf die Liebe, wird es große Unstimmigkeiten und Konflikte geben. All das könnte während der Taufe oder beim geringsten Kontakt mit Gott zum Tod führen. Diese Mechanismen müssen nicht marktschreierisch verkündet werden, dennoch ist es notwendig, dass die Menschen wenigsten grundsätzlich mit diesen Dingen vertraut sind.
Zudem wurde von der Orthodoxie nie erwähnt, dass viele Mönche den Verstand verloren, krank wurden und starben, nachdem sie anfingen, intensiv zu beten. Es ist eine Tatsache, wenn auch eine wenig bekannte. Ich las einmal ein Buch darüber, wie Seluon Afonski die genannten Probleme beschrieb. Das Buch wurde von der orthodoxen Kirche nie veröffentlicht, denn es enthält sehr aufschlussreiche Informationen. Dieses alles zeigt, dass man auf dem Weg zu Gott nichts geschenkt bekommt; es ist ein recht gefährlicher Prozess. Dieser Prozess erfordert, dass wir ein bestimmtes Muster verstehen und ihm folgen. Als der Heilige Seluon Afonski sich an Gott wandte, erhielt er folgende Antwort: Lass deinen Verstand in der Hölle. Er hatte das Gefühl, den Verstand zu verlieren; er bekam Probleme. Tatsächlich bedeutet das (und hier gebe ich meine persönliche Interpretation), dass das Streben zu Gott uns auf feine, immaterielle Ebenen führt; diese Ebenen sind direkt verbunden mit unserem grundlegenden menschlichen, irdischen Glück. Diese subtilen höheren Schichten stehen in Verbindung mit unseren höchsten Wünschen und Gedanken.
Deshalb muss man lernen, während des Gebets die Gedanken auszuschalten, ebenso wie die Ambitionen, Absichten und Wünsche zu unterbinden. Wenn man das nicht tut, setzt man sich während des Gebets einer großen Gefahr aus. In dem o.g. Buch heißt es: “Man muss die Arbeit des Verstands und die Absichten anhalten, denn diese sind während des Betens gefährlich für den Betenden.” Was sind unsere Absichten? Eine Absicht ist ein Ziel, ein Wunsch, unsere Zukunft. Einfach ausgedrückt mit dem Vokabular meiner Untersuchungen, ein Mensch, der beginnt, intensiv und lange Zeit zu Gott zu beten, wird Probleme mit der Zukunft bekommen. Sein Kontakt mit der Zukunft wird größer, was Risiken in sich birgt. Um der Gefahr zu entrinnen, muss man den Kontakt mit der Zukunft abbrechen. Zu diesem Zweck muss man alle Dinge unterbinden, die einen mit der Zukunft verbinden; und das sind unsere Wünsche, unser Verstand, unsere Ziele, Sehnsüchte und Absichten. Beim Weitergehen stellt sich folgende Frage: warum sind Menschen, die ständig zu Gott beten, so starr in ihrem Verhalten; ja quälen sich mitunter selbst. Der Grund ist, sie nehmen an, dass es hilfreich sei. Oder wir können eine weitere Frage stellen: hätten sie möglicherweise anders nicht leben können? Haben Sie darüber jemals nachgedacht? Warum waren die Qualen, die ein Mönch erlitt, umso größer je spiritueller er war und je mehr er betete? Der Mönch hielt sich an sein strenges Regime, weil sein zunehmender Kontakt mit der Zukunft sonst eine stärkere Anbindung an und Fixierung auf menschliche Werte hervorgerufen hätte; deshalb musste er sich ein so strenges Regime auferlegen. Anderenfalls wäre seine Fixierung auf diese Werte gewachsen und seine Seele hätte Probleme bekommen, die zu Krankheit und Tod für den Körper geführt hätten. Deshalb waren viele Heilige gezwungen, sich anzuketten, niederzuknien und den Schlaf zu fliehen.
Wenn ein Mensch eine Berührung mit höheren spirituellen Werten durch das Gebet erfährt, dann ist er einer viel größeren Gefahr ausgesetzt als jemand, der in der Erde wühlt oder andere grobe Arbeiten durchführt. Mit anderen Worten, Gott ist ein sehr ernsthafter und gefährlicher Prozess, der unsere Möglichkeiten, Wünsche, Fähigkeiten in großem Ausmaß öffnen und erweitern kann und den Intellekt und die Spiritualität weiterentwickelt. Es ist deshalb für das beständige Streben zu Gott und für die Aufrechterhaltung unseres Strebens erforderlich, von Zeit zu Zeit unsere Seele von Dingen zu befreien, und zwar durch die Einschränkung des Körperlichen. Wenn man das negiert, erhöht sich die Abhängigkeit von den feinen unstofflichen Ebenen. Wenn wir uns das hebräische Volk vor 3500 Jahren ansehen, dann erkennen wir, dass die großen Wahrheiten, die zu jener Zeit ausgesprochen wurden, notwendig und vernünftig waren. So könnte man nun fragen: was war der Grund für das Kommen Jesu? Warum begann er, nachdem er alles wiederholt hatte, was vorher zu ihm gespochen wurde, von anderen Dingen zu sprechen? Warum beginnen die Seligpreisungen mit den Worten: “Selig sind, die da geistlich arm sind”? Höchstwahrscheinlich waren einige Dinge im Judentum unvollständig, noch nicht vollbracht. Bereits eine oberflächliche Analyse zeigt, dass ein Aspekt der Spiritualität ungelöst geblieben ist. Wie können wir unsere Abhängigkeit von der Spiritualität überwinden? Weder der Judaismus noch das Christentum bieten diese Möglichkeit. Das Christentum aber hilft durch Christus zu verstehen, dass Spiritualität nicht unser oberstes, primäres Ziel sein soll. Christus sagt uns, dass wir uns nicht um den morgigen Tag sorgen sollen und dass die geistlich Armen gesegnet sind. Spiritualität kommt auch durch Bücher und Kommunikation. Daher können wir feststellen, dass das Thema der Abhängigkeit von Spiritualität und Zukunft noch nicht überwunden ist. Und wenn das der Fall ist, dann wird das jüdische Volk durch Zeiten der Seelenreinigung gehen müssen, um physisch zu überleben. Die Seele wird gereinigt durch Herabsetzung und Demütigung des Schicksals, des physischen Körpers, des Lebens usw. Wir dürfen nicht vergessen, dass das hebräische Volk - energetisch gesprochen - eine Art Elternrolle für die moderne Zivilisation innehat. Daher können wir an dieser Stelle einige Schlüsse ziehen. Damit die gesamte Zivilisation überleben wird, muss die Seele des hebräischen Volkes den Kontakt mit Gott aufrechterhalten; mit anderen Worten, sie muss weiter gereinigt werden. Wenn es dem hebräischen Volk nicht gelingt, seine Abhängigkeit von der Spiritualität zu überwinden, ist es dazu verdammt, ständige physische Erniedrigungen zu erleiden sowie eine Erniedrigung des Schicksals und der Würde.

Rami Bleckt
Das heißt, das Hauptproblem des jüdischen Volkes ist seine Besessenheit auf Zukunft und Spiritualität.
S.N. LAZAREV
Ich untersuchte eine Patientin, deren Tochter sehr religiös war. Ich sagte der Frau, dass die Energie ihrer Tochter offenbar daher rührt, dass die Religion ihr als Schutz und Rettung diene. Gott verspricht, den Menschen zu beschützen und ihm ein langes Leben zu schenken, wenn er an Ihn glaubt, wenn er seine Prophezeihungen erfüllt und wenn er sich am Sabbat nicht mit weltlichen Dingen beschäftigt und nur koschere Nahrung zu sich nimmt. Was soll die Wendung “Gott wird mich beschützen” bedeuten? Vor 3000 Jahren hatte diese Aussage volle Gültigkeit. Was bedeutet sie heute? Seit jener Zeit hat die Energie des Menschen um vieles zugenommen. Wenn ein Mensch spricht “Gott wird mich beschützen,” dann konzentriert er sich in seinen Gebeten auf sein eigenes Leben und seine Wünsche. Und daher erwartet er, dass seine Wünsche erfüllt werden.
Die Anhänger der Orthodoxie, die zu Gott beten, sind überzeugt, dass ihre Wünsche erfüllt werden und Gott sie beschützen wird; wenn sie also zu Gott beten, richten sie sich stark auf die Anbetung ihres Lebens und ihrer Wünsche. Diese Art des Gebets zu Gott erhöht die Abhängigkeit von menschlichen Aspekten und beendet das Thema der Wünsche, des Lebens und der Zukunft nicht. Dies bedeutet, der Mensch geht davon aus, dass Gott ihn in der Zukunft zu beschützen hat. Wie seltsam es auch scheinen mag, Gott beschützt und rettet das jüdische Volk, indem er es Massaker und Erniedrigungen erleben lässt. Ohne diese wäre das jüdische Volk ausgestorben, wäre von der Erdoberfläche verschwunden.

Rami Bleckt
Ich habe eine persönliche Frage. Ich selbst habe für längere Zeit in einem indischen Tempel als Mönch gelebt. Dort gab es ziemlich strikte Regeln. Bestimmte Gebote befolge ich noch immer. Sie haben einmal gesagt, dass je mehr sich ein Mensch Gott nähert, desto mehr weltliche Dinge müsse er aufgeben. Dennoch empfahlen Sie mir vor drei Jahren, auf einen bodenständigeren, materiellen Lebensstil umzuschwenken.
S.N. LAZAREV
Es gibt ein besonderes nationales jüdisches Merkmal; das ist ein übermäßig ausgeprägter Pragmatismus. Warum sind alle Banker Juden? Weil sie einen starken Sinn für das Praktische haben; es gibt überhaupt keinen Idealismus. Da ist nur reiner Pragmatismus. Ein vollkommener Realist zu sein ist ein Talent. Ein Banker muss ein absoluter Realist sein, ein völlig bodenständiger Mensch. Nehmen wir zum Vergleich einen Russen: er kann unheimlich viele Ideen hervorbringen und alles und jeden damit überhäufen. Ein Jude dagegen wird sagen, dass alles in Ordnung ist und fortfahren, genau das zutun, was die Situation realistischerweise erfordert. Warum ist das so? Weil ein Jude viel bodenständiger als ein Russe ist. Ein Russe wird seinen Kopf immer voller Ideen haben, Theorien aufstellen, wie zum Beispiel den Kommunismus. Und wieder stellt sich die Frage: warum? Woher kommt diese praktische Einstellung im jüdischen Volk, wo liegen die Wurzeln des Pragmatismus? Warum sind alle Banker Juden? Der Grund dafür ist dieser: wenn ein Mensch übermäßig auf die Spiritualität fixiert ist, braucht er ein anderes Extrem als Ausgleich, d. h. zum Beispiel die intensive Beschäftigung mit säkularen Dingen. Damit bleibt der Göttliche Aspekt in der Mitte zwischen diesen beiden Extremen. Er umfängt beide Seiten, die materielle und die spirituelle.
Das jüdische Volk ist also zu sehr auf die Spiritualität fixiert; deshalb muss es, um zu überleben, gleichzeitig weitermachen mit dem Pragmatismus, mit praktischen Dingen und Geschäften. Das ist auch eine Art, ein Volk zu retten. So können Pragmatismus und Bodenständigkeit einerseits eine Rettung für die Menschen darstellen; auf der anderen Seite sollte derselbe Pragmatismus eine bestimmte Linie nicht überschreiten; wenn die Dinge zu weit getrieben werden, beginnen sie, die Seele des Menschen zu verletzen. Wenn der Pragmatismus einfach nur dem Ausgleich der gesteigerten Spiritualität eines Menschen dient, dann ist das normal. Sobald aber diese praktische Herangehensweise zu Gier und Knausrigkeit ausartet, wird das Menschengeschlecht aussterben. Es geht also hierbei nicht so sehr um die Spiritualität an sich, sondern mehr um das Ausbalancieren der Dinge; es muss ein Gleichgewicht zwischen den spirituellen und materiellen Dingen geben. Mit anderen Worten, man muss in seinen Bestrebungen abwechseln zwischen spirituellen und materiellen Dingen, um das göttliche Wesen zu erfahren.
Nehmen wir an, ein Mensch beschäftigte sich früher ausschließlich mit spirituellen Dingen in Indien; im nächsten Leben wird dieselbe Person in Amerika oder einem zivilisierten europäischen Land geboren und wird nur mit materiellen Dingen beschäftigt sein. Einmal diagnostizierte ich einen Buddhisten. In seinem vergangenen Leben war er ein unverbesserlicher Taschendieb. Das war notwendig, um die Dinge in seiner Seele auszubalancieren. Er war der Meinung, das ganze Leben sei Unsinn und hielt sich an feste Regeln. Jetzt, in diesem Leben begab er sich in eine völlig andere Richtung. Das nennt man Ausgleich.

Rami Bleckt
Wo befindet sich die Grenzlinie zwischen den spirituellen und den Göttlichen Aspekten? Wo landen Menschen, die sich entscheiden, sich auf den Weg zu Gott zu machen? Der Fachmann, d. h. der Priester, kann uns ja oft, wie Sie sagen, in die Richtung der Spiritualität anstatt zu Gott schicken.
S.N. LAZAREV
Wenn wir bereit sind, etwas zu verlieren oder Dinge loszulassen, dann fällt es uns leichter, die Göttliche Quintessenz zu erfahren; wir sind dann bereit, uns von der weltlichen Seite zurückzuziehen. Was bedeutet es, seine Spiritualität loszulassen, seine Prinzipien fahren zu lassen? Die wahre Bedeutung des Loslassens der Spiritualität und des Verzichts auf Prinzipien ist das Vergeben demjenigen gegenüber, der uns betrogen hat; es besteht darin, den Frieden zu bewahren, wenn unsere Hoffnungen und Ziele zusammenbrechen. Man soll in der Lage sein, seine Wünsche bezüglich des Essens und anderer Dinge im Leben zu zügeln. Das heißt, die höheren Wünsche und Sehnsüchte müssen gewahrt werden, während die geschäftlichen Wünsche, die potentiell anderen schaden können, zurückgehalten werden müssen.
Wir müssen also lernen, den Zusammenbruch unserer Zukunft und unserer Tugenden, unseres Gerechtigkeitssinns, der Spiritualität, Hoffnungen, Ziel und Wünsche zu akzeptieren, während wir die Liebe und Freundlichkeit bewahren. Wenn unser Verständnis reift, dann werden wir einsehen, dass der Verlust immaterieller, spiritueller Dinge ebenso notwendig ist wie der Verlust von Geld und anderer materieller Werte. Wenn man all sein Hab und Gut verliert und niemals das Gefühl der Liebe, dann wird man allmächlich unterscheiden können zwischen der Liebe als einer Realität und der Illusion der spirituellen und materiellen Werte.
Um diese Stufe der Wahrnehmung zu erlangen, ist es erforderlich, dass wir ständig zur Liebe und zu Gott streben. Wenn man dabei lediglich versucht, Rituale auszuführen oder auf angesammeltes Wissen zurückzugreifen, dann läuft man Gefahr, entweder in das eine oder andere Extrem zu verfallen. Die Liebe ist so beschaffen, dass es keine Rituale gibt, die geeignet sind, sie zu imitieren oder zu ersetzen. Wir können aber einen geeigneten Nährboden, ein sogenanntes Umfeld für die Liebe schaffen; und dennoch kann nur unsere persönliche Suche und unser inniges Verlangen uns die Erfahrung der Liebe in ihrer vollen Schönheit schenken.

Rami Bleckt
Man kann den Eindruck erhalten, dass wir auf dem Weg zur Göttlichen Liebe ständig von einem Extrem zum anderen springen müssen, uns von materiellen Dingen zu spirituellen Werten bewegen und umgekehrt. Gibt es keinen Mittelweg, damit man nicht ständig an die eine Wand und dann an die andere rennen muss? Sie haben oft beschrieben, dass Menschen auf dem Pfad zu Gott sich oft im Zickzack vorwärts bewegen; das bedeutet, sie müssen zwischen den Gegensätzen hin und her pendeln. Verstehe ich das richtig?
S.N. LAZAREV
Im Grunde ist das Pendeln zwischen den Extremen überholt. Die Unterschiede zwischen den materiellen und spirituellen Aspekten waren früher größer als heute. Einerseits saß da eine sehr spirituelle Person und meditierte und andererseits gab es den Seidenhändler, der dickwänstig auf einem Haufen Geld hockte und seinen Wein genoß. Heutzutage kann ein Wissenschaftler gutes Geld mit seiner Arbeit verdienen und dabei ein Geschäftsmann werden. Auch ein Händler oder Erzeuger kann die verschiedensten Bücher lesen und sich der Erforschung der spirituellen Sphären widmen. Der Sozialismus verkündete: “Man muss die Grenze zwischen der intellektuellen und der körperlichen Arbeit aufheben.” Heutzutage wird es zunehmend schwierig, die Unterschiede zwischen Geld, finanziellen Vermögensgegenständen, materiellen und spirituellen Werten zu erkennen. In der heutigen Zeit muss man ein spiritueller Mensch sein, wenn man materielle Güter besitzen möchte; außerdem benötigt man Bildung, ein stabiles Nervensystem und Wissen. Früher brachte der Mensch all diese Dinge aus früheren Leben mit; heutzutage kann ein Mensch sich bilden, seinen Intellekt schulen sowie sein Potential erweitern und dann gutes Geld verdienen, um sich der Spiritualität zuzuwenden. Die beiden Konzepte “Spiritualität” und “Materialismus” sind im Gegensatz zu früher keine antagonistischen Gegensätze mehr. Wenn man für das Gehen zu Gott das Bild der Sinuskurve benutzt, beschreibt das sehr gut, dass der Mensch regelmäßig in das materielle menschliche Leben eintauchen muss, um es dann wieder loszulassen und sich dem spirituellen Leben zuzuwenden. Anders ausgedrückt soll der Mensch Gelegenheiten und Zeit finden, um sich dem spirituellen Leben zu widmen und dafür das entsprechende Umfeld zu schaffen; das beinhaltet Zurückgezogenheit, Fasten, die Nichtanerkennung und das Sich-Verschließen vor allen anstehenden Problemen.

Rami Bleckt
Weil wir gerade beim Thema sind, ich erinnere mich, dass Sie einmal feststellten, dass man “heutzutage sowohl ein Heiliger als auch ein Geschäftsmann sein muss.” Was bedeutet das? Wie kann man das im wirklichen Leben umsetzen?
S.N. LAZAREV
Schauen wir uns den Westen an; dort sind die Menschen in erster Linie Geschäftsleute. Bei ihnen dreht sich das ganze Leben um das Bankkonto und den Erwerb oder die Abzahlung von Wohneigentum. Wenn ein Mensch, eine Zelle einer bestimmten Gesellschaft nicht zu Gott strebt, führt das zum Tod der gesamten westlichen Zivilisation. Deshalb sollte man Zeit finden und einmal nicht an die Miete oder ähnliches denken. Warum gab es in der Sowjetunion so ungeheuer viele Gelehrte, Wissenschaftler und Künstler? Das war möglich, weil den Menschen die Möglichkeit gegeben wurde, ihre Köpfe frei zu halten und weiter als bis zur Zahlung der nächsten Miete zu denken; die Menschen konnten sich sicher sein, dass sie nicht Hungers sterben würden. Das Überleben war damals für alle gesichert; die Menschen waren so abgesichert, dass sie sich nicht zu sorgen brauchten. Im Westen haben die Menschen auch das Gefühl, abgesichert zu sein; aber sie sind gefangen in wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht und sind spiritueller Sklaverei unterworfen.
In der Sowjetunion hatten die Menschen nicht viel Geld, aber dennoch mussten sie sich keine Sorgen um die nächste Mietzahlung machen. Im Westen haben die Menschen vergleichsweise mehr Geld zur Verfügung, aber sie denken ständig an ihre Miete. Mit anderen Worten, ein Mensch kann abgesichert scheinen, aber diese Sicherheit ist eine Illusion, sie existiert nur an der Oberfläche. Innerlich wird der Mensch zum Sklaven seines Apartments und seines Bankkontos; seine Seele wird durch das Geld behindert. Wenn die westliche Zivilisation überleben will, dann muss sie eine Wirtschaftsform schaffen, die den Menschen gestattet, sich um ihre Seelen zu bemühen und sich zu befreien von der ständigen Angst, ihren Lebensraum zu verlieren.
Die Angst, die Arbeit zu verlieren und den Ort, wo man lebt, kann einen gewissen Stimulus bedeuten; er kann den Arbeitsprozess auf bestimmte Weise stimulieren. Wenn die Angst jedoch eine bestimmte Grenze überschreitet, wird sich das zerstörerisch auf die Seele auswirken. Wenn das der Fall ist, dann wird die gesamte fortschrittliche westliche Technologie und die hohe Produktivität nur die selbstmörderischen Tendenzen in der Gesellschaft fördern. Die Tendenzen kann man im Ernährungssystem der Amerikaner beobachten. Der Mechanismus funktioniert präzise, die Herstellung der Nahrungsmittel erfolgt hochgradig technologisiert. Die Qualität der Nahrung ist erschreckend; sie ist genetisch verändert und enthält große Mengen an Hormonen und chemischen Inhaltsstoffen. Die Amerikaner nehmen diese Nahrung zu sich, missachten damit die göttlichen Gesetze und töten so ihre eigene Zivilisation mit Hilfe der eigenen Geschäftsleute und Wissenschaftler.

Rami Bleckt
Ich erinnere mich, dass Sie sagten, im Westen gibt es viele Menschen, die äußerlich vom Geld besessen erscheinen, während sie innerlich totale Idealisten sind. Das heißt, dass sie auf der unbewussten Ebene sehr stark mit der Spiritualität verbunden sind.
S.N. LAZAREV
Ich sprach über ein Kind, das sich in Gedanken mit Geld, Süßigkeiten, Fähigkeiten und Talenten befasst und dabei keinerlei Probleme hat. Wenn aber dieses Kind in die Pubertät kommt, dann verschiebt sich die Abhängigkeit von diesen Dingen von der oberflächlichen, materiellen Ebene auf die feineren spirituellen Ebenen. Wenn die Abhängigkeit in die spirituellen Ebenen sickert, d. h. in die tieferliegenden Schichten, dann ist das das sicherste Anzeichen von Altern und Tod. Derselbe Mechanismus wirkt auf die gesamte Zivilisation ein. Daher ist unsere Zivilisation nicht nur an materielle, sondern auch spirituelle Aspekte gebunden. Wie manifestiert sich das für gewöhnlich? Betrachten wir zum Beispiel den Islam; die Idee oder das Prinzip hier ist, dass die Religion wichtiger als das Leben, die Gerechtigkeit oder irgendetwas anderes ist, was auf eine große Rolle der Spiritualität und auf eine exzessive Fixierung auf die Spiritualität hinweist. Es weist bestimmte, kaum übersehbare Anzeichen auf, dass unsere Zivilisation altert. Es ist auch ein Hinweis darauf, dass es ziemlich schwer werden wird, den Prozess der Überwindung menschlichen Glücks und der Abhängigkeit durchzustehen. Außerdem ist die Abhängigkeit von spirituellen Aspekten gefährlicher als die Abhängigkeit von physischen und materiellen Werten.

Rami Bleckt
Für bestimmte spirituelle Untersuchungen oder Beratung sollte keine Bezahlung gefordert werden. In den zurückliegenden Jahren war Ihr gesamtes Leben ein Beweis für Ihre rein spirituelle Ausrichtung, Ihren Weg zu Gott und Ihrer Hilfe für die Menschen. Sie verlangen aber Geld für Ihre Arbeit; viele Menschen, insbesondere in Russland stellen die Praxis, dass Sie für Ihre Arbeit Geld verlangen, in Frage, und nicht wenig Geld, nebenbei bemerkt.
S.N. LAZAREV
Zunächst sollten wir meinen Status klären. Ich bin ein Psychologe, ein Fachmann, der den Menschen psychologische Hilfe anbietet. Ich kam zu der Überzeugung, dass diese Hilfe keinen Nutzen hat, wenn der Hilfesuchende seinen Charakter nicht ändert. Als Psychologe begriff ich, dass ein Mensch seinen Charakter nicht ändern kann, ohne die Idee der “Liebe zu Gott” zu verstehen. Also arbeite ich auf meinem Fachgebiet: ich biete psychologische Beratung an, was auch das Thema meiner Abschlussarbeit war. Mein Diplom basiert auf dem Thema der psychologischen Beratung und der psychologischen Korrektur. Als Fachmann berechne ich Gebühren für meine Sitzungen. Ein Pädagoge, der an einer Schule unterrichtet oder an einer Universität, führt dieselbe spirituelle Arbeit aus: er gibt Wissen weiter. Ein Doktor behandelt Patienten und hilft, Leben zu retten. Und heißt es denn, dass man Ärzten, Psychologen und Lehrern ihr Gehalt absprechen sollte, nur weil sie mit spiritueller Arbeit befasst sind? Es gibt einen weiteren Grund für Gebühren. Wenn ein Mensch spirituelle Arbeit verrichtet, läuft er Gefahr, sich auf die Spiritualität zu fixieren und damit die Abhängigkeit vom menschlichen Aspekt und weltlichen Dingen zu erhöhen. Wenn ein Mensch in Wohlstand lebt und weiterhin Geld für seine Arbeit fordert, wird es für ihn zunehmend gefährlicher, sich spirituell zu betätigen. Das ist einfach ein logischer Schluss; ich spreche unentwegt darüber. Dieser Mechanismus funktioniert tadellos im mechanischen, rein spirituellen Fall. In meinem Fall liegen die Dinge etwas anders, komplizierter; hier arbeiten mehrere Faktoren zusammen. Zuallererst bin ich ein anerkannter Wissenschaftler, ich forsche und arbeite auf dem Gebiet der Psychologie. Zweitens, wenn ein Mensch durchgängig betet und mit spiritueller Arbeit beschäftigt ist, dann läuft er Gefahr, seine Fixierung auf weltliche, materielle Aspekte zu verstärken; in der Regel wird diese Neigung blockiert [geheilt] durch einige Methoden, darunter extreme Armut, selbstverursachte Qualen, extreme Selbstbeschränkung, intensive psychologische, physische und andersartige Verluste oder die systematische Blockierung dieser Abhängigkeit; diese Liste ist keineswegs vollständig. In meinen Büchern spreche ich nicht davon, wie ich “geheilt” oder losgelöst werde; das ist zu persönlich. Ich erwähnte, dass ich jedes Mal, wenn ich ein Buch schreibe, in Todesgefahr gerate und Extremsituationen erlebe, wie etwa Katastrophen, Autounfälle, Verluste und Verrat. Das alles gehört zum Reinigungsprozess. Außerdem versuche ich dank meines Verständnisses und durch meine Liebe zu Gott systematisch meine Abhängigkeit von menschlichem Glück in jedem seiner Aspekte zu überwinden, sei es spirituell oder physisch. Was passiert also, wenn das gelingt? In diesem Fall kann ein Mensch weiterhin spirituell arbeiten und Geld haben, während ihm alle Risiken und Gefahren der spirituellen Arbeit voll bewusst sind. Im Westen, insbesondere in den USA, gehören Fachleute meiner Branche zu den wohlhabendsten, wie Sie wissen. Ich glaube allerdings nicht, dass ihnen das gut tut. Und das ist der Grund: während sie noch über ein bestimmtes Potential an Liebe verfügen, sind sie von dem, was sie tun, nicht besessen. Sobald aber der Liebesvorrat aufgebraucht ist, beginnt der Mensch, sich zu stark auf die Spiritualität zu fixieren, sich an sie zu binden und dann wird es gefährlich für ihn, viel Geld zu haben. Der Besitz von materiellen Gütern ist gefährlich, wenn man eine zu starke Bindung an die Spiritualität hat; früher oder später wird der Reichtum anfangen, Probleme zu bereiten.
Ich stelle fest, dass meine Sprechstunden und Einzelsitzungen mit Patienten gefährlich für mich sind. Die große Gefahr kommt von meinem spirituellen Niveau, das ich durch meine Forschung erlange; es verdoppelt die Risiken. Mein Niveau des Wohlbefindens stellt ebenfalls eine ernsthafte Gefahr dar, und das ist mir vollkommen bewusst. Man erleidet Schaden, wenn man die Gefahren nicht kennt, die Geld, Spiritualität und menschliche Stabilität verursachen können. Erst nachdem man die Gefahren erkannt hat, ist man in der Lage, mit ihrer Überwindung zu beginnen.
Man darf auch nicht vergessen, dass die Zeiten sich ändern; der spirituelle und der materielle Aspekt – sie wachsen enger zusammen. Wer heutzutage predigen will, der muss einen Raum mieten, Steuern zahlen und sich bei der Steuerbehörde melden. Hier wirken ganz andere Gesetze; Gesetze, die mit der gegenwärtigen Situation, dem aktuellen Stand der Dinge übereinstimmen. Wenn ich kein Geld für meine Einzelsitzungen nähme und wenn ich nicht etwas Geld aus dem Verkauf meiner Bücher erhielte, dann wäre ich gezwungen, meinen Lebensunterhalt anderweitig zu verdienen. Jeder wünscht sich und erwartet, dass ein spiritueller Fachmann für ihn all die Drecksarbeit erledigt, sein Leben riskiert, neue Informationen gewinnt und dann die wertvollen Instruktionen preisgibt, wie man reich und gesund wird. Doch was würde mit einem Menschen geschehen, der all diese Arbeit erledigt? Das Ende vom Lied wäre für ihn, ohne Dach über dem Kopf in Armut zu leben. Das nennt man „Auf-Kosten-Anderer-Leben“ und das ist eine sehr gefährliche und schädliche Entwicklung. Wenn man etwas bekommt, auch Wissen, dann muss man dafür etwas geben. Menschen, die geheimes, esoterisches Wissen erlangten, mussten dafür alle möglichen Arten der Selbstbeschränkung auf sich nehmen, wie jahrelang in selbst ausgehobenen Löchern oder Höhlen zu sitzen, sich selbst zu quälen; nur dadurch wurden sie in die Lage versetzt, höheres Wissen zu erlangen.
Heutzutage ist der Zugang für die Menschen wesentlich leichter. Man muss sich nicht mehr zehn oder zwanzig Jahre lang quälen, um zu diesem Wissen zu gelangen. Man zahlt einfach eine bestimmte Summe Geld an jemanden, der im Besitz dieses Wissens ist; aber nicht einmal dazu sind die Menschen mehr bereit. Das Szenario ist ziemlich dasselbe. Nur, dass in der Vergangenheit die Menschen zu keinen Opfern bereit gewesen wären, wie zum Beispiel hungernd in einer Höhle zu sitzen, sondern sie wollten Zugang zum höheren Wissen, während sie mit Seide oder anderen Waren handelten, edle Speisen aßen und Wodka tranken und dabei erwarteten, dass ein anderer sie in das heilige Wissen einweihte. Nein, so funktioniert es nicht. Um etwas zu bekommen, muss man etwas opfern, etwas im Gegenzug geben. In meinem Heimatland Russland kostet eine Zahnbehandlung 100 U.S. Dollar, während eine einfache Konsultation bei einem Fachmann drei- bis vierhundert Dollar mehr kostet als ein Termin bei mir. Niemand scheint jedoch etwas einzuwenden, wenn ein Arzt drei- bis fünfhundert Dollar für seine Konsultation verlangt, und wenn man noch eine minimale Behandlung dazurechnet, dann ist man leicht bei einigen tausend Dollar. Niemand wird auf dem Arzt herumhacken oder sich über ihn beschweren. Was sind die Menschen gewöhnt? Sie sind es gewohnt, wesentliche Informationen kostenlos zu bekommen. Und so es ist auch, meine Bücher sind höchstwahrscheinlich die billigsten in Russland. Logischerweise kosten meine Vorträge und Einzelsitzungen mehr.

Rami Bleckt
Da stimme ich mit Ihnen überein. Ich persönlich möchte noch hinzufügen, dass der Käufer die Ware nicht schätzt, wenn der Preis niedrig ist; er würde den Wert der Arbeit hinter dem Produkt nicht schätzen. Zum Beispiel habe ich meinen Freund beraten. Als wir uns nach einem Jahr wieder trafen, fragte ich ihn, ob er angefangen hätte, die Informationen zu lesen oder ob er an sich arbeitete. Er verneinte. Wenn ich den vollen Preis verlange, dann wird der Klient meine Ware besser schätzen und mit meinen Informationen gewissenhafter umgehen.
S.N. LAZAREV
Ein Freund von mir, ein Arzt, fragte mich mal in einer vertraulichen Unterhaltung: “Wollen Sie, dass ich Ihnen das größte Geheimnis meiner Behandlung verrate?” Dieser Arzt diagnostizierte seine Patienten hervorragend; er behandelte seine Patienten auch mittels Akkupunktur, auch Reflextherapie genannt. Und das verriet er mir: “Ich will Ihnen mein Geheimnis verraten: ich setze ein paar Nadeln und der Klient gibt das Rauchen auf.” Was ist also hier der Schlüssel der Heilung? Was ist das oberste Ziel, der Hauptpunkt, auf den man die Nadel setzen muss? Der wichtigeste Punkt ist die Geldbörse des Klienten. Je höher die Rechnung, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Klient das Rauchen aufgibt. Nachdem der Patient viel Geld bezahlt hat, fühlt er sich regelrecht verpflichtet, das Rauchen aufzugeben. So ist die Natur des Menschen; jeder funktioniert nach einem sehr einfachen Schema. Ein Mensch wird schneller krank, wenn er wenig Energie hat. Wer hat wenig Energie? Ein Mensch, der es gewohnt ist, zu nehmen anstatt zu geben. Darauf läuft der ganze Mechanismus hinaus. Wenn man es gewohnt ist zu nehmen, dann will man immer so viel wie möglich bekommen und dafür so wenig wie möglich bezahlen. Ein solcher Mensch wird sich immer beschweren, egal wie wenig er bezahlt hat; er wird nicht an sich arbeiten und erwartet, dass er aus dem Vortrag das Meiste herausholen wird.
Man kann hier sogar die alte sowjetische Denkweise durchscheinen sehen; sie lehrte die Menschen, von den Reichen zu nehmen. Auf gewisse Weise handelt es sich hier um eine sowjetische Psychologie, die die Menschen gelehrt hat sich zu bedienen; niemand scheint zu verstehen, dass ein intelligenter, reicher und hart arbeitender Mensch Tag und Nacht für seinen Wohlstand gearbeitet hat. Erst später, nachdem jemand zu Reichtum gekommen ist und diesen für sich arbeiten lässt, kann ein Reicher verdorben werden. Es scheint jedoch, als ob jeder nur das Endergebnis sieht. Niemand interessiert sich dafür, wie alles anfing, wie jemand reich geworden ist.
Wenn das Hauptziel des Menschen im Rauben und Stehlen besteht, dann zeigt das, dass er sich von der Liebe abwendet. Um etwas zu erschaffen, ist Energie nötig. Und Energie erhalten wir nur durch die Liebe. Wer stehlen und rauben will, braucht dafür wirklich keine Liebe; die Schnorrermentalität ist ihrem Wesen nach gegen das Göttliche gerichtet. Es ist nur natürlich, dass solche Menschen niemals verstehen werden und in diesem Punkt immer anderer Meinung sein werden als ich.

Rami Bleckt
Sie behaupten auch, dass alle Prozesse in unserer Zeit beschleunigt sind. Ein Mensch kann sehr schnell sowohl negative als auch positive Erfahrungen in seinem Marschgepäck ansammeln. Habe ich Sie da richtig verstanden?
S.N. LAZAREV
Wenn sich zwei Ströme oder zwei Gegensätze vereinigen, dann löst das eine sofortige Beschleunigung aller Prozesse aus. Im Moment vereinigen sich zwei Zeitströme – die Zukunft und die Gegenwart, die östliche und die westliche Zivilisation. Man kann das beobachten anhand der eskalierenden Konflikte im Nahen Osten. Das ist der Punkt, wo die westliche und die östliche Denkweise aufeinanderprallen. Außerdem wirkt hier ein weiterer Faktor. Nehmen wir an, ein zu Gott betender Mensch entwickelt eine Fixierung auf die Spiritualität; wenn ein Mensch altert, dann entwickelt er eine Bindung an die Spiritualität. So könnte man den Eindruck gewinnen, dass das Beten zu Gott uns schneller altern lässt. In Wirklichkeit funktioniert es allerdings etwas anders. Wenn ein Mensch zu Gott betet, dann füllt sich sein Liebesvorrat auf; Spiritualität, die von der Liebe ausgeht, wächst ebenfalls. Wenn die Spiritualität zunimmt, dann läuft man Gefahr, von ihr besessen zu werden. Wenn ein Mensch alt wird, dann nimmt seine Spiritualität nicht zu; der Mensch erfährt einfach eine Entschleunigung und klammert sich an der Spiritualität fest. Was ich damit sagen möchte ist, in beiden Fällen können wir eine Abhängigkeit von spirituellen Werten feststellen, und dennoch sieht es je nach Fall etwas anders aus. In einem Fall läuft es auf Entwicklung hinaus, während im anderen Fall Abbauprozesse in Gang gesetzt werden.

Rami Bleckt
Wie sieht für Sie der Pfad praktisch aus? Nehmen wir zum Beispiel einmal an, dass sich ein Mensch nie für die Kirche interessierte oder an Gott glaubte; dann begann er, Ihre Bücher zu lesen. Welchen Rat geben Sie diesem Menschen, womit sollte er beginnen?
S.N. LAZAREV
Essen Sie nicht mehr als nötig, lassen Sie Ihre Ängste los, seien Sie nicht betrübt darüber, wie die Dinge in der Vergangenheit geschehen sind, lernen Sie, Ihre Nächsten zu lieben und sich selbst. Denken Sie nicht schlecht von sich und anderen und urteilen Sie nicht. Am Anfang sollte man einige grundsätzliche Regeln beachten. In der Fahrschule erlernt man die Verkehrsregeln, aber zunächst die Dinge, die man nicht tun darf; erst danach werden einem die Dinge beigebracht, die man tun darf und tun sollte. So muss man zunächst wesentliche, elementare Aufgaben erfüllen, die leicht zu verstehen sind. Töte nicht die Liebe in Dir. Verlasse die Liebe nicht. Danach können wir darüber sprechen, wie man dieses Gefühl verstärkt und was man weiterhin tun muss. Von Zeit zu Zeit soll man fasten und sich selbst bescheiden, ganz besonders im Frühling. Auf diese Weise schafft man einen guten Nährboden für das Einfrieren bzw. Aufrechterhalten der menschlichen Funktionen; das wiederum gestattet es uns, das Wesen des Göttlichen leichter in uns selbst zu erleben. Das nenne ich einen gesunden Lebensstil. Zuallererst, gehört zu einem gesunden Leben das Zurückfahren der eigenen Wünsche und des Wohlergehens; zu unseren Wünschen gehören auch unsere spirituellen Bestrebungen. Das ist der Unterrichtsstoff der ersten Klasse. Zu Beginn muss man also das Überlebensminimum sicherstellen; dann muss man sehen, was dabei herausgekommen ist. Man muss spüren, dass man freundlicher sein könnte und den Willen Gottes in allem sehen, was geschieht. Es ist nötig, dass man geduldiger und toleranter wird, dass man lernt, einen Menschen auch mit seinen Fehlern zu lieben. Es ist notwendig, dass wir mit uns selbst und allen Menschen um uns herum streng und diszipliniert umgehen. Der Kern der Anleitung und Erziehung besteht darin, einem Menschen zu helfen, die Liebe zu erfahren. Zu diesem Zweck ist es erforderlich, die Wünsche der Menschen zu zügeln, ihrer Dreistigkeit Einhalt zu gebieten, ihnen zu helfen, sich um sie zu sorgen und sie zu ermutigen. Mit anderen Worten, man muss mit den einfachsten Dingen beginnen. Wie einfach das auch klingen mag, es ist der schwerste und längste Weg, den man je gegangen ist; erst dann können wir mit der Besprechung höherer Themen beginnen, die außerhalb dieser Welt liegen.

Rami Bleckt
Sie haben oft erwähnt, dass der Mensch die Schwierigkeiten im Leben in Ruhe annehmen soll. Die wahren Prüfungen des Menschen widerfahren ihm in kritischen Situationen. Es ist äußerst schwer, auf solche Ereignisse ohne Emotionen zu reagieren. Frauen sind von Natur aus sehr emotional. Es ist schwer nicht zu reagieren, wenn eine geliebte Person gestorben ist oder wenn wir hintergangen wurden. Es ist schwer, wie eine Maschine ganz ohne Gefühle zu leben.
S.N. LAZAREV
Nun sehen Sie, jede Art von Stress kann ein Programm der Selbstzerstörung aktivieren, wenn der Mensch nicht darauf reagiert. Ein Mensch kann niemals zu einem Roboter werden. Ein Mensch kann zum Selbstmörder werden, wenn er nicht reagiert. Daher ist es logisch, dass es in einer schmerzlichen Erfahrung irgendeine Art von Reaktion geben muss. Nehmen wir an, eine uns nahestehende Person ist gestorben; wie reagieren wir? Es wäre möglich, an Selbstmord zu denken. Warum ist das so? Was können wir tun? Wir könnten sagen, dass wir nichts tun können. Dieser Ausstoß an Energie muss aber irgendwohin gehen. Wohin wird er gehen? Die Energie kann verwendet werden für Selbstmord und Bedauern. Wenn man aber einem Menschen in dieser Situation sagt, er soll sich nicht selbst töten, sondern diesen Energieschub für etwas Schöpferisches verwenden, dann wird er natürlich fragen, wie das gehen soll. Dann kann man erklären, “Die Seele des Verstorbenen ist mit deiner Seele verbunden. Wenn du Trauer empfindest, dann fügst du sowohl der Seele des geliebten Menschen als auch deiner Seele Schaden zu.” Daher ist es am wichtigsten, das Gefühl der Trauer zu unterbinden. Es ist gut, der Seele des Verstorbenen mehr Liebe zu geben. Um dazu in der Lage zu sein, ist es nötig, dass du dich bestimmten Einschränkungen unterwirfst. Darin besteht der eigentliche Sinn der Trauerzeit. Die Trauer läuft im wesentlichen auf Selbstbeschränkung hinsichtlich Nahrung, Freude und deiner Wünsche hinaus. Worin liegt der Sinn dieser Einschränkung? Der ganze Sinn und Zweck der Trauer und Einschränkung besteht darin, dich dem Gefühl der Liebe zu nähern, dich das Gefühl der Liebe leichter erfahren zu lassen.
Wenn du zulässt, dass aus deiner Trauer Niedergeschlagenheit wird, dann wird die Reaktion genau umgekehrt sein. Der Zweck der Trauerzeit besteht also darin, dich in irdischen Dingen zu beschränken und die Göttliche Liebe in deiner Seele zu erfahren; wenn du deine eigene Seele mit Liebe erfüllst, dann hilfst du damit der Seele des Dahingeschiedenen. Sind das spezielle Handlungen? Ja. Sind sie schwer zu vollziehen? Ja, das ist sehr schwer; diese Handlungen benötigen sehr viel Energie. So wird die Energie anstatt für Zerstörung und Selbstmord, für Schöpfungsprozesse verwendet.
Vor welchem Konflikt du auch stehst, (der Tod eines Menschen ist auch ein Konflikt) du hast die Wahl, ob du deine Energie zerstörerisch oder schöpferisch anwendest. Wenn ein Mensch, dem du vertrautest, dich hintergeht, dann fängst du an, dich zu fragen, warum er das getan hat. Die Antwort kann lauten, dass du zu sehr auf moralische Ideale fixiert warst und dass etwas in deiner Seele nicht stimmt, und du musst die Dinge in deinem Inneren in Ordnung bringen. Wenn wir begreifen, dass die Umstände uns zwingen, an uns selbst zu arbeiten, dann hilft das uns, unsere Energie schöpferisch zu verwenden anstatt sie in Hass zu verwandeln und in den Wunsch nach Zerstörung. Man muss zur Vernunft kommen; es ist notwendig, dass wir einem Menschen helfen, uns nicht noch einmal zu betrügen. Außerdem kann man diesen Menschen, der uns betrogen hat, zurechtweisen. Das ist dann ein Disziplinarakt, da dieser Mensch der Führung und Erziehung bedarf; wenn man andererseits seinen Betrug befürworten würde, dann begibt er sich auf Abwege und findet noch Gefallen an seiner Tat. Darüber spreche ich. Also muss ich mich und den anderen disziplinieren. Und das ist wirklich nicht leicht; dazu ist Energie nötig, viel Energie. Ist das ein kreativer Prozess? Ja. Es geht also nicht darum, eine Sache einfach so zu akzeptieren. Was heißt es, etwas zu akzeptieren? Eine traumatische Situation zu akzeptieren heißt, dahinter den Göttlichen Willen zu erkennen. Durch die Akzeptanz der Göttlichen Logik und die Hingabe an den Göttlichen Willen rücken unser eigener Wille und unsere Wünsche in den Hintergrund, die sonst Revanche, Ärger und Abhängigkeiten hervorgerufen hätten. Mein Schutz besteht in der Erziehung anstatt in der Rache. Wir können unsere Situation vollkommen akzeptieren und einsehen, dass wir sie für unsere Verbesserung nötig haben; das heißt nicht, dass man dadurch auf sein Recht auf Handlung verzichten muss. Wenn wir durch eine bestimmte Situation gereinigt werden, dann bedeutet das, dass es keinen anderen Weg der Reinigung für uns gab. Zuerst kommt die unfreiwillige und dann die freiwillige Reinigung, im Zuge derer man sich selbst ändern muss. Was heißt es, sich selbst zu ändern? Es ist auch eine Art Selbstverteidigung. Nehmen wir an, es gibt jemanden, der uns töten könnte. Wenn wir uns verändern, dann ändert sich auch unser energetischer Zustand und wir werden nicht getötet werden. Verteidige ich mich? Ja. Das ist eine der Möglichkeiten, sich selbst zu schützen. Wir können uns verteidigen, indem wir den Menschen töten, der uns angreift, oder wir können uns schützen, indem wir unsere Handlungen und unser Inneres ändern. All das sind verschiedene Arten der Verteidigung. Ein Mensch, der es sich zur Gewohnheit macht, sich der Liebe zu nähern, entwickelt das wirksamste Verteidigungssystem (Reaktionen auf Schmerz). Solch ein Mensch läuft nicht vor dem Schmerz davon, sondern versteht, dass der Schmerz einen kreativen Prozess beinhaltet und dass Schmerz ein Bestandteil unseres Lebens ist. Das heißt natürlich nicht, dass wir Masochisten werden sollen und allen Schmerz einfach so hinnehmen. Schmerz erfüllt eine wichtige Funktion im Leben; er dient als Warnsignal. Der Schmerz wird weniger werden, wenn der Mensch sich ändert. Wir müssen begreifen, dass, wenn wir uns nicht freiwillig ändern wollen, uns sozusagen zwangsweise geholfen wird. Ist das nötig? Ja, ist es. Ist es schmerzhaft? Ja, es ist schmerzhaft. Allerdings ist das nicht die einzige Art der Behandlung, die es gibt. Wenn der Arzt Jod in die Wunde gibt, dann brennt es und tut weh. Es ist ein schmerzhafter Prozess, der sich vermeiden ließe. Wir müssen es ja nicht so weit kommen lassen, dass uns Wunden zugefügt werden, die dann auf schmerzhafte Weise behandelt werden müssen. Um das zu können, sollten wir allen Neid und allen Ärger ablegen und die richtigen Essgewohnheiten entwickeln. Darauf läuft das gesamte System hinaus.


Das Interview führte Rami Bleckt
› Download des Interviews auf deutsch als .pdf Datei


Übersetzung aus dem Englischen (das wiederum aus dem Russischen übertragen wurde)
von Katrin Pönisch-Pörschkekatrin.poenisch-poerschke@gmx.de ]


das Interview auf russisch:
http://www.bleckt.com/about/interview/1281.html

weitere LINKS:
http://de.scribd.com/doc/26216274/Interview-with-S-N-LAZAREV-%E2%80%93-By-Rami-Blekt
http://www.bleckt.com/
https://www.facebook.com/RamiBleckt

 


 

 

 

 

 

 

 


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